Freitag, 8. Februar 2013
Entgiftung
Ich habe eine Entscheidung getroffen. Meiner Meinung nach, einer der wenigen freien Dinge, die im "Raum" möglich sind. Entscheidungen zu treffen, die Wandlungen hervor bringen, nach dem Brüten, und brüten, nach dem abwägen, der bekannten Möglichkeiten. Ja zu sagen, aufzustehen und zu handeln.

Nach dem ich mich nun fast 20 Jahre betäubt habe, weil das Außen für mich kaum auszuhalten war, in meinem Weltenschmerz, in meinem Seelenschmerz, in meiner Begegnung mit meiner dunklen Seite in mir, mit der dunklen Seite des Lebens.

Was ein Glück, die erste Erfahrung mit Marijuana, war in meinem 33 Lebensjahr. Als ich aus der DDR 1982 Entbürgert wurde, reingespuckt in ein System was mir völlig fremd war. Ja ich hatte es mir erträumt, ersehnt, erleben, ist eine andere Sache.

Ich war 4 Wochen im Westen, und war in Kreisen, wo Joints geraucht wurden. Oh, ich weiß noch genau, wie sich alles in mir gewehrt hat, Drogen konsumierende Menschen im Westen, gefährlich.
Obwohl ich das Saufen aus dem Osten kannte, was eigentlich eine integrierte Kultur war.

Na irgendwann habe ich meinen Widerstand aufgegeben, aus purer Neugier, was DA passiert, wenn man raucht.

Es war auf einer Party, im Wohnheim, die Ossis, die Hippies, mit langem Haar, die Raddreher, die Mutigen und Furchtlosen. Ein Freak, ein Wessi hat mit uns gefeiert, und das Hasch ausgepackt, schon leicht angetrunken, und "stark" im Wagemut, haben wir mitgekifft. Wie die Großen :-))

Das Ende vom Lied, die Ossi belegten alle Toiletten ich und ein Bekannter, haben in die Spüle gekotzt, da alle sonstigen Plätze beleget waren.

Einen Tag später, waren wir uns alle einig, das ist nichts für uns.

Alle der Beteiligten, an diesem Abend, konnten letztendlich, mehr oder weniger nicht davon lassen.

Meine nächste Begegnung mit dem Rauch, war in Kopenhagen. Schon in der DDR habe ich von Christiania gelesen, nun in Freiheit wollte ich es selbst
erleben und bin mit einer Freundin nach Kopenhagen getrampt. Schon die Reise war ein Abenteuer für sich, doch meine "Schneeköniginnen" Art hat mich oft vor seltsamen Situationen gerettet. Da auch.

Als ich endlich am Ziel war, in Christiania, und wir in einem Cafe saßen, blieben wir nicht lang allein, zwei junge Männer setzen sich zu uns, nach einer kurzen Unterhaltung, packte einer von den beiden eine gestopfte Pfeiffe aus, und luden uns ein zum rauchen. Sie fragten vorher, ob wir schon mal geraucht hätten, ja klar, das wirke bei uns nicht, sagten wir so dahin. Nach unserer einzigen Erfahrung, die über dem Spülbecken endete.

Nach dem ersten Zug, hat es mich völlig und sowas von überraschend "weggetrieben" das ich mich überhaupt nicht mehr wiedererkannt habe, ich konnte einfach nicht mehr aufhören zu lachen, meiner Freundin ging es ebenso, wir saßen da ohne ersichtlichen Grund, und lachten Tränen, bis uns die Bäuche wehtaten und wir schon spekulierten, nun auf dieser Bank im Cafe vor lauter Lachen zu sterben.

Wie frei ich mich da gefühlt habe, wie grandios.

Dann war lange Zeit Ruhe, ich hab nicht mal mehr darüber nachgedacht.

Bis zu meinem Geburtstag ein Jahr später.
Ein Bekannter hat etwas zu rauchen mitgebracht. Inzwischen hatte wir eine eigene Wohung, mein Mann mein Kind und ich. So halbwegs integriert im Westen, nur ich konnte irgendwie keine Wurzeln fassen, ich fühlte mich wie ausgehebelt.

Auf dem Geburtstag hab ich zum dritten mal graucht, vorher hatte ich mir schon Bücher besorgt, um zu wissen, was ich da eigentlich tue und rauche, und warum ich so in Kopenhagen war, wie ich mich vorher noch nie erlebt habe.

Als ich diesesmal rauchte, der Moment ist wie ein Brandzeichen auf mir, an dem ich mich sofort erinnern kann, in allen Einzelteilen, weil es der WENDEPUNKT in meinem Leben war, der mir in allen Fasern bewusst
gespiegelt hat, wie Ich eigentlich wirklich Sein will, und was ich Da in der Realität treibe. Ein Zweispalt, der mich aufgesaugt hat, wie ein schwarzes Loch.

Und da bin ich hängengeblieben, ich habe eine Form gefunden, in der ich mich imprägnieren kann, ein Hoch auf Weed, mir war es von Anfang an eine gute Lehrerin, ich kann nichts schlechtes übers Kraut sagen, ich kann von Gier und Übertreibung reden, von sich maßlosen Gehen lassen, von Lethargie, von Stille und dem Nichts, aus dem alle Dinge entstehen, das habe ich an diesem "Platz" verstanden. Ich habe die wahre Freiheit in mir aktivieren können. Ich konnte wie ein Adler, durch eisige Höhen streifen, Allein und unverwundbar. Das allein gab mir lange Zeit eine vollkommene Zufriedenheit und Ordnung in mir selbst.

Das Leben wirkt, und reißt mich mit, immer und immer wieder, es gibt keine Ruhe, die tosende See.

Mein "wegbeamen" holt mich ein, das Vergessene schreit im Traum um Hilfe.

Irgendwann vor sechs Jahren der Burnout, oder sind es nun schon sieben Jahre ...

Ein 3 monatiger Aufenhalt in der Psychiatrie und anschließend drei Monate REHA.

Ich hab das Rauchen auf ein Minimum herunter gefahren, ohne auch nur einen Gedanken daran zu verschwenden, das Rauchen aufzugeben, es war mein Mantel, zum Schutz vor der kalten unempathischen Welt.

Nun waren seit dem Klinikaufenhalt noch Benzos zum Spiel dazu gekommen, da auch, das erste mal im Leben, verspürte ich eine Ruhe, vor der undenlichen Jagd, die mich bis dahin getrieben hat, ich konnte, das erste mal wirklich, in Ruhe sitzen, in Ruhe essen, in Ruhe nachdenken, ohne das ich permanent überschwemmt wurde. Was ein Segen.

JETZT kehrt es sich um, ich spüre die Nebenwirkungen, was heisst, das ich kaum noch Emotionen in mir habe, es ist ein gleichmäßiger Nebel durch den ich wate, und der sich zuweilen wie reines Blei anfühlt, dass mich unentwegt, nach unten zieht, alles ist mir so unsagbar langweilig, ich weiß schon vorher, was meine Mitmenschen von sich geben, der gleiche Brei, immer und immer wieder. Das Ringelspiel, ich bin dessen so überdrüssig !!!

Wenn ich wirklich glücklich wäre, da oben auf meiner Wolke, würde ich weiter betrachtend sitzen.

Die Bewegung geht mir flöten, die ich einst so geliebt habe, es gibt Tage da muss ich mich regelrecht anpirschen, um mich in meinem Elfenbeinturm zu irgendetwas zu bewegen, damit auch nur irgendein Sinn durch mich durchfließt.

Ich habe ein Tage- Punktesystem für mich entwickelt, auf einer Skala von 1 bis 10, selten das ich mal die 5 erreiche, es tümpelt immer "unten", der Nebel verschleiert und verschluckt, und ich muss meinen ganzen Willen mobilisieren, um weiter zu machen.
Obwohl ich in Wahrheit kein Land sehe, will ich glauben, dass da irgendwo eine Insel auf mich wartet.

Also will ich es wagen diesen Nebel zu verlassen, um zu ergründen, ob ich nicht auch nüchtern, nun aber mit einem anderen Bewusstsein, mich wieder in die Welt zu begeben. Das bin ich mir schuldig, sagt alles in mir.

Am 12.02. habe ich den Termin zur Entgiftung, im Krankenhaus, vor dem es mich gruselt, ich bin zwar süchtig, aber im höchsten Maße dabei, nicht haltlos oder unkontrolliert. Dennoch, mir selbst ist es nun zu viel mein wahres Wesen ist anders. Das WILL ich nun wieder wissen.

Bisher musste ich mich betäuben, um zu überleben, dass hat mir seltsamerweise meine Vernunft gesagt.

Aber nun ist es anders ...ich muss aus diesem "Loch" raus, bevor es mich verschluckt, hinter der Wand ist
das Leben auf Dauer nicht mehr zu ertragen.

Ich wage es, mir zuliebe....

https://www.youtube.com/watch?v=PBZfCmlRIVs

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